Gelbe Schnellladesäulen für E-Autos

Schnell laden: Die Spannung steigt

Möglichkeiten, sein E-Auto zu laden, gibt es viele. Man kann es sogar an einer normalen Steckdose betanken, nur dauert das ewig. Nicht so an einer Schnellladestation. Aber was ist das eigentlich?

Was heißt schnell laden?

Stationen, die mindestens 40 oder 50 Kilowatt (kW) leisten, gelten als Schnellladestationen. Die private Wallbox in der heimischen Garage liefert üblicherweise 11 oder 22 kW. Natürlich muss das Auto schnellladefähig sein, dann stehen nach etwa 30 bis 60 Minuten, je nach Akkukapazität, wieder 80 Prozent der verfügbaren Reichweite zur Verfügung. Nissan nennt für den Leaf mit 40-kWh-Akku eine Stunde Ladezeit. Beim VW e-Golf nennt der Hersteller eine Ladezeit von 45 Minuten mit CCS-Schnellladen, der Akku bietet eine Kapazität von 35,8 kWh.

Der Supercharger von Tesla hat bei seiner Markteinführung die Konkurrenz geschockt: Man lädt mit 120 bis 135 kW, um die leistungsfähigen Akkus zu befüllen. Die Reichweite: überragend.

Doch der Ehrgeiz der europäischen Hersteller ist geweckt. Sie wollen künftig eine auch Schnellladesäulen anbieten, mit einer Leistung von 150 oder 350 kW und mehr. Mehr Reichweite und kurze Ladezeiten gehen so Hand in Hand. Das Ultra-Schnellladen soll nicht länger als 10 bis 15 Minuten dauern

Was bietet die Technik?

Der Ladevorgang für 100 Kilometer Reichweite würde damit auf wenige Minuten verkürzt – kaum länger, als man an der Kasse ansteht. Den Herstellerangaben der Stationen zufolge reichen drei bis fünf Minuten für eine Reichweite von hundert Kilometer aus. Bei herkömmlichen Schnellladesäulen mit einer Ladeleistung von 120 kW erreicht man 80 Prozent der Akkukapazität in 20 bis 30 Minuten.

An modernen Stationen können zwei oder mehr Elektroautos gleichzeitig laden. Die Ladeleistung wird dynamisch zwischen diesen Ladepunkten verteilt. Ionity plant meist mit sechs Ladepunkten. In einigen Jahren soll es Stationen mit acht Ladepunkten geben. Sie werden als Hochvoltsysteme mit 400 oder sogar 800 Volt realisiert.

Hersteller: Wer baut Schnellladesäulen?

Der Markt regt sich: Fastned, niederländischer Anbieter für superschnelles Laden, hat Anfang 2018 in der Nähe von Amsterdam die weltweit erste 350-kW-Schnellladestation in Betrieb genommen. Weitere sind angekündigt: In Deutschland hat sich Fastned 14 Standorte vertraglich gesichert, die für alle Elektrofahrzeuge eine Ladung von 150 bis 350 kW bieten. Das bedeutet 15 Minuten Aufenthalt, bis 500 Kilometer Reichweite geladen sind. Fastned kooperiert mit Rewe.

Im März 2018 öffnete bei den Stadtwerken Aurich die erste 350 kW-Schnellladestation, der E-Charger 600 von Enercon. Der Windkraftanlagenbauer und -dienstleister will mit seiner Technik Grünstrom aus Windenergieanlagen in netzdienlicher Form auf den Markt bringen. Das Ziel: „Im Idealfall“ sollen acht Minuten genügen, um 400 Kilometer Reichweite zu „tanken“.

Seit Mai 2018 erscheint Österreich auf der Landkarte mit 350-kW-Stationen. In Wien eröffnete Smatrics die erste ultraschnelle Ladestation. Das Unternehmen ist Generalunternehmer für ein von der EU gefördertes Ultra-Schnellladenetzwerk mit 120 Stationen, das in sieben Ländern bis Ende 2020 entstehen soll. Mit bis zu 350 kW Ladeleistung können Kunden innerhalb von fünf Minuten bis zu 100 Kilometer Reichweite laden.

Neue und alte Akteur: Hier finden Sie Ihre Schnellladsäule

In einigen Jahren wird dieses Tempo beim öffentlichen Laden vermutlich weit verbreitet sein. Wer Elektrofahrer anlocken will, muss ihnen eine schnelle Ladung bieten. Mit sehr guten Angeboten besetzen zum Beispiel folgende Unternehmen den Markt heute schon:

  • Entlang der großen Autobahnen A3, A5, A6, A7, A8 und A9 baut Aldi Süd Schnellladestationen. Man lädt dort „nur“ mit 50 kW, dafür aber kostenlos. Insgesamt stehen an 80 Aldi SÜD Filialen Elektroladesäulen zur Verfügung. Ein weiterer Ausbau ist geplant. Der „Rivale“ Lidl will mit dem Ausbau seines Ladenetzes an den eigenen Supermärkten dagegenhalten, jede neue Filiale soll mit einer Ladestation ausgestattet sein. Wie bei Aldi ist der Strom für Kunden kostenlos.
  • Kaufland hat bundesweit bereits 100 Schnellladestationen in Betrieb, 100 weitere sollen bis Ende 2020 hinzukommen.
  • Ikea hat an all seinen 53 Möbelhäusern in Deutschland inzwischen 113 Ladesäulen Stromtankstellen installiert.
  • Weitere Unternehmen erwägen den Einstieg. So startete McDonald’s einen Versuchsballon: In den Niederlanden waren schon 2018, gemeinsam mit dem Energieversorger Nuon, 168 Schnellladestationen geplant. 2019 kündigte die Fastfood-Kette an, weltweit Filialen mit E-Ladestationen ausrüsten zu wollen.
  • Auch Tesla lässt die erwachende Konkurrenz nicht ruhen. Das Unternehmen schließt Partnerschaften mit Hotels, Restaurants, Einkaufszentren und Ferienanlagen, um das Laden an vielen weiteren Zielorten zu ermöglichen.
  • Porsche will alle annähernd 200 Porsche-Autohäuser in den USA mit 800-Volt-Schnellladegeräten ausstatten und testet auch in Deutschland bereits das Schnellladen mit bis zu 450 kW.
  • Ionity, Aushängeschild der deutschen Automobilindustrie, hat genau 245 Ladeparks mit bis zu 350 kW Leistung in Europa installiert, 51 befinden sich im Aufbau (Stand: Juni 2020). Das Gemeinschaftsunternehmen von BMW, Daimler, Ford und Volkswagen will bis Ende 2020 insgesamt 400 Turbo-Stationen in 23 europäischen Ländern errichten, 100 davon entlang deutscher Autobahnen und Schnellstraßen.

Ausblick und Fazit

Ein Blick in die Glaskugel: Das Elektroauto der Zukunft lädt mit Hochgeschwindigkeit, die elektromobile Zukunft wird „ultra“. Das zeigen die neuen Fahrzeuge von Audi, Mercedes und Porsche. Einer Studie der TU München zufolge könnten 2030 in Deutschland rund acht Millionen Elektrofahrzeuge unterwegs sein.

Allein diese Zahl verlangt, dass sich schnelles Laden binnen weniger Jahre als Standard etabliert, die Infrastruktur zügig ausgebaut wird. Technisch ist bei 350 kW nicht zwangsläufig Schluss: Für LKWs und Busse, vielleicht auch E-Schiffe und E-Fähren, sind Ladeleistungen von mehreren Megawatt im Gespräch.

Spielt da das Netz noch mit? Mit Ideen schon: Ads-tec hat eine Technik entwickelt, um auch im Niederspannungsnetz Ladeleistungen bis 320 kW zu ermöglichen. „Wie ein WC-Spülkasten“ funktioniert die High-Power Charge Box des Mittelständlers aus Nürtingen. Abzuwarten bleibt, ob die Ankündigungen und Versprechungen eingehalten werden. Auf jeden Fall steigt die Spannung im Markt für schnelle und ultraschnelle Ladepunkte.